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16.09.2017Ortsentwicklung II
von
Ulrich Friedrich Koch


Dieses Foto wurde am 16. September 2017 an der Darmstädter Straße aufgenommen. Gibt das den Charakter unseres Ortes wieder?

Kommt man von Norden auf der B3 nach Bickenbach, fallen zuerst die Container vor dem Gebäude der Firma Alnatura in den Blick. Von Süden sieht man nach der Firma Intersnack das 22 Meter hohe Wohngebäude am Höhsand. Führt der Weg von der A5-Abfahrt zunächst über die Berta-Benz-Straße, prägen die Containerstabel vor dem Gelände einer neu angesiedelten Firma den ersten Eindruck. Von der Bahn her fallen die Gewächshausflächen einer lange ansässigen Firma und die 'Seniorenresidenzen' als große Baukörper an der Peripherie ins Auge.
Ist dieser Gegensatz gemeint, wenn in der öffentlichen Debatte vom Gegensatz 'urbanes Flair contra Ortscharakter' gesprochen wird?

Im nachfolgenden Beitrag möchte ich mich dem Thema Ortsentwicklung über verschiedene Sichtweisen annähern:
  1. Wie äußern sich die politischen Akteure aktuell zur Entwicklung Bickenbachs in Bezug zur 'Neuen Mitte'?

  2. Warum ziehen Menschen nach Bickenbach?

  3. Welche Stationen nahm die Entwicklung Bickenbachs seit den 70er Jahren bis heute?

  4. Wie nähern sich andere Gemeinden im Kreis einer geplanten Ortsentwicklung?

  5. Was bedeutet das Projekt 'Neue Mitte' für unsere Ortsmitte?

  6. Plädoyer für den Erhalt der Rose und des Vorderhauses der Metzgerei Schemel



1. Wie äußern sich die politischen Akteure aktuell zur Entwicklung Bickenbachs in Bezug zur 'Neuen Mitte'?

Das Streitthema um die 'Neue Mitte' in unserer Gemeinde wird vom Darmstädter Echo in die Frage gefasst: 'Städtebauliche Chance oder überdimensioniertes Projekt?' [Neue Mitte bleibt ein Streitfall, DE vom 15.09.2017 und Wahlkampf in Bickenbach, Bergsträßer (BS) vom 13.09.2017]

Von den Kandidaten im Bürgermeisterwahlkampf 2017 hören wir dazu folgendes:

René Kirch (CDU)
'Einerseits soll Bickenbach die liebenswerte Gemeinde an der Bergstraße bleiben, andererseits müssen wir die Entwicklung zur urbanen Gemeinde im Rhein-Main-Gebiet aktiv gestalten.' (BS vom 13.09.2017)
'Mich stört die Architektur nicht. Die Pläne sind eine Chance für die Ortsentwicklung.' (DE vom 8.09.2017)
Es gelte dringend: 'dörfliche Strukturen neu zu gestalten und zu festigen.' (DE vom 15.09.2017)

René Kirch, Bürgermeisterkandidat, erklärt uns Bickenbach auf seiner Homepage so: 'Bickenbach ist ein liebenswertes Dorf und gleichzeitig eine urbane Gemeinde, dies zeigt sich besonders im Ortsbild.' Auf seinem facebook-Auftritt wird das, was er meint, illustriert:



Markus Hennemann (SPD)
'Ich will Bickenbach als die familienfreundlichste Gemeinde an der Bergstraße etablieren.' Er betont, 'wie wichtig die funktionierende Infrastruktur in unserer Gemeinde' ist, 'hinzu kommen hervorragende Verkehrsverbindungen in die gesamte Rhein-Main-Region, dies ist gerade bei Gewerbeansiedlungen ein deutlicher Standortvorteil.' (BS vom 13.09.2017)
'Wir sind nicht mehr das ländlich geprägte Dorf, sondern ein attaktiver Standort im Rhein-Neckar-Gebiet.' und 'Wir müssen Bickenbach in der Welt bekannt machen.' (DE vom 15.09.2017)

Auch Markus Hennemann, Mitbewerber um's Bürgermeisteramt, zeigt seine Sicht von Bickenbach auf facebook:




Patrik Ebbers (unabhängig)
'Wäre es nicht ganz wunderbar, wir könnten den jetzigen Zustand einfach nur erhalten?' (BS vom 13.09.2017)
Patrik Ebbers forderte ein deutliches Abspecken des Projektes: 'Das ist dichter und höher als angemessen'.
'Das Projekt passe nicht zum Ortscharakter.' Patrik Ebbers hält das Projekt für 'katastrophale Pläne'. Er hätte 'sich eine Ausschreibung mit klaren Festlegungen und mehr Beteiligung der Bürger gewünscht.' (DE vom 15.09.2017)

Ende 2016 äußerte sich die FDP in ihrer Publikation 'Der liberale Sandhase' unter der Überschrift 'Gestaltung der Ortsmitte':
'Endlich zeichnet sich eine Verbesserung des Ortsbildes im Zentrum von Bickenbach ab! ( ) Eine dem Bedarf entsprechende Gestaltung der Ortsmitte erfordert eine Anpassung des bestehenden Bebauungsplans von 1993. Der Generationenbedarf ist an Einkaufs- und Versorgungsmöglichkeiten orientiert, nicht aber an 'Streuobstwiesen' in der Ortsmitte. Eine attaktive Neugestaltung bietet die Chance der geschäftlichen Belebung des Ortskerns. Die Form der Gebäude (eher ländlich/eher städtisch) ist noch zu diskutieren.'



2. Warum ziehen Menschen nach Bickenbach?

Die Beweggründe dafür sind sicherlich sehr persönlich und äußerst unterschiedlich.

René Kirch erklärt auf seiner Homepage: 'Bickenbach ist ein beliebter und attaktiver Wohnort und soll es bleiben!'
Gleichzeitig stellt er fest: 'Bemerkenswert ist, dass alleine in den Jahren 2014 und 2015 über 1.000 Personen nach Bickenbach gezogen sind, rund 600 Personen sind im selben Zeitraum aus Bickenbach weggezogen.'
Da stellt sich schon die Frage nach den Gründen der Wanderungsbewegungen? Ist allein vorhandene oder fehlende Attraktivität unserer Gemeinde ausschlaggebend?

Wie sieht das für mich selbst aus?
Selbst bin ich kein gebürtiger Bickenbacher. Als mein Vater sich Ende 1973 beruflich veränderte, zog ich mit meinen Eltern Anfang 1974 nach Bickenbach. Nach meinem Zivildient, den ich von April 1974 bis Juli 1975 in der evangelischen Kirchengemeinde Pfungstadt ableistete, zog ich nach Wiesbaden. Dort gründeten meine Frau und ich nach dem Ende meiner Berufsausbildung unsere Familie. Wir wohnten günstig zur Miete.
Nachdem mein Vater im Jahr 1981 aus dem Berufsleben ausgeschieden war, zogen meine Eltern in ein zuvor käuflich erworbenes, kleines Häuschen in der Lundgreenstraße mit großem Gartengrundstück bis hinunter zur gerade frisch erschlossenen Alsbacher Straße. In der Hoffnung, dass eines Tages eines ihrer Kinder nach Bickenbach ziehen könnte, ließen meine Eltern das Grundstück hälftig teilen. Meine Geschwister und ich erklärten hingegen unisono, uns ein Leben in Bickenbach nicht vorstellen zu können.
Durch Familienzuwachs war meine Familie gezwungen, sich eine neue Wohnung zu suchen. Ich war in Wiesbaden privat, beruflich und politisch gut vernetzt. Deshalb sahen wir unsere Zukunft in Wiesbaden. Die Miete für die neue Wohnung betrug zu Beginn 1.060 DM zuzüglich Nebenkosten - Tendez steigend. Ende der achtziger Jahre war Vermietern durch das neugeschaffenen Instrument 'Staffelmiete' die Möglichkeit gegeben worden, Mieterhöhungen schon mit Abschluss von Mietverträgen festzulegen. Das war für uns nur schwer zu finanzieren. Wir planten, uns Wohneigentum zu schaffen durch Kauf einer Wohnung bzw. eines Hauses. Alternativ dazu suchten wir ein Grundstück, um selbst zu bauen. Der Kauf von Wohnung oder Haus scheiterte an immensen Kosten oder sehr hohem Sanierungsaufwand. Die für uns in Frage kommenden Grundstücke lagen preislich Ende der achtziger Jahre in Wiesbaden bei 600 DM pro Quadratmeter - auch dies für uns unbezahlbar vor dem Hintergrund, dass anschließend gebaut werden musste.
Die anstehende Mieterhöhung und die fehlgeschlagenen Versuche zur Schaffung von Wohneigentum zwangen zum Handeln. Meine Frau machte Familienpause, ich verdiente also 'allein'. Im Zusammenhang mit den Kosten für Kinderbetreuung belastete diese Situation das Familienbudget erheblich. So kam der Bauplatz in Bickenbach wieder ins Spiel.
Im Wege einer vorweggenommenen Erbteilung übernahmen wir das elterliche Gartengrundstück und bebauten es. Seit der Jahresmitte 1992 leben wir in Bickenbach.
Einen neuen Job in der Region Darmstadt-Bensheim fand ich nicht. So pendelte ich bis zu meinem Austritt aus dem Arbeitsleben knapp 25 Jahre zwischen Bickenbach und Wiesbaden.
Warum bin ich trotz eines unzumutbaren Arbeitswegs in Bickenbach wohnen geblieben?
Unsere Kinder kamen in die Schule, einen Wechsel der Schule und des sozialen Umfeldes wäre nur ultima Ratio gewesen. Meine Eltern erlebten noch die ersten 14 Jahre dieser 'neuen' familiären Nähe. Wir vernetzten uns als Familie in Bickenbach. Dies fällt um so schwerer, je älter man wird. So gesehen waren es Zufälligkeiten und Zwangsläufigkeiten, die uns in Bickenbach hielten. Heute können wir uns einen Wegzug von Bickenbach nur sehr schwer vorstellen. Die Frage der Attraktivität unserer Gemeinde war dabei ziemlich nebensächlich.

Als Bewerber um das Amt des Bürgermeisters schrieb ich anlässlich der Wahl 2011 in meinen 'Bewerbungsschreiben' dazu:

'Bickenbach kenne ich seit 1974, als meine Eltern im Zuge einer beruflichen Veränderung meines Vaters hierher umzogen. Nach Stationen in Oberhessen, Rheinhessen, Bochum, Pfungstadt, Darmstadt und Wiesbaden lebe ich mit meiner Familie seit 1992 in unserer Gemeinde. Meine Kinder sind hier aufgewachsen. Meine familiären Wurzeln väterlicherseits reichen in Pfungstadt bis in die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs zurück. Meine Mutter ist in Darmstadt aufgewachsen und fühlte sich als Darmstädterin. Mein Lebensmittelpunkt und meine Heimat liegen in Südhessen. Hier möchte ich mich einmischen. Hier möchte ich alt werden.'

'Bickenbach ist eine Gemeinde zum Wohlfühlen. Das liegt an den Menschen, die hier leben, und wie durch sie unsere Gemeinde geprägt wird.
Es liegt nicht an der bestimmenden Rolle, welche die CDU in den letzten 10 Jahren in der Bickenbacher Kommunalpolitik gespielt hat - nach fast 50 Jahren SPD-'Vorherrschaft'. Es liegt auch nicht an der Amtsausübung von Bürgermeistern.'



3. Welche Stationen nahm die Entwicklung Bickenbachs seit den 70er Jahren bis heute?

1970er Jahre
Zahl der Einwohner*innen ca. 4.000
Debatte um eine Umgehungsstraße Ost (zwischen Bickenbach und Alsbach/Jugenheim)
Aufnahme Bickenbachs in das Dorfentwicklungsprogramm des Landes Hessen
Dorferneuerungsplan

1980er Jahre
Bebauungsplan 'Ortsmitte I' (südlich der Darmstädter Straße)
Planung und Entwicklung des Wohngebietes Am Mühlgraben / Am Hintergraben

1990er Jahre
Bebauungsplan 'Nördlich der Darmstädter Straße'
Gewerbeanbindung Süd (Berta-Benz-Straße)
Rathaus Umzug in das Kasernengebäude
Planung und Entwicklung des Wohngebiets Im Leierhans
Aufbauversuch für eine 'Agenda 21'-Gruppe

2000er Jahre
Erweiterung der Kita Sonnenland (nach Brand der Kita Höhsand)
Gewerbeanbindung Nord (Berta-Benz-Straße)
Erweiterung des Gewerbegebietes zwischen Eisenbahn und A5
10 Jahre Debatte um Sanierung oder Neubau des Bürgerhauses

2010er Jahre
Planung und Entwicklung Wohngebiet 'Westlich Hartenauer Feld' (ehemaliges Delfa-Gelände)
Planung Wohngebiet Bachgewann - Entwicklung gestoppt wegen infrastrukturellen Engpässen
nach 5 weiteren Jahren Debatte Entscheidung für und Beginn der Sanierung des Bürgerhauses
2 Jahre nicht-öffentliche Gespräche des Bürgermeisters mit potenziellem Investor über Bebauung in der Ortsmitte
vergeblicher Versuch seitens KOMM,A, eine Debatte über die Ortsentwicklung in Gang zu bringen
Bauleitplanung 'Nördlich der Darmstädter Straße, 1. Änderung' für Projekt 'Neue Mitte' [noch nicht beschlossen]
Zahl der Einwohner*innen, Stand 30.06.2016: 5.816

Öffentliche Debatten in der Bürgerschaft um Ziele der Entwicklung Bickenbachs fanden nach meiner Erinnerung lediglich im Zusammenhang mit der Frage einer Umgehungsstraße Ost und der Dorferneuerung in den siebziger und achtziger Jahren statt. Zu den Projekten Umgehungsstraße West (Berta-Benz-Straße), Entwicklung des Gewerbegebietes, Planung weiterer Wohngebiete und die Frage der Zukunft des Bürgerhauses wurde das Einverständnis der Bürgerschaft vorausgesetzt, eine geselschaftliche Auseinandersetzung wurde nicht geführt. Besonders offenkundig wird dieses Kommunikationsdefizit am Beispiel des Bürgerhauses. Die Gemeindevertretung debattiert 15 Jahre, ein Dialog mit der Bürgerschaft darüber wurde nicht gesucht.

Der Aufbau einer kontinuierlich arbeitenden 'Agenda 21'-Gruppe um die Jahrhundertwende scheiterte mangels ernsthafter Unterstützung durch die gemeindlichen Gremien. An bürgerschaftlichen Beiträgen zu Planungen bestand offenkundig kein wirkliches Interesse.
Der Versuch von KOMM,A, im Frühjahr 2014 eine Debatte über die Ortsentwicklung in Gang zu bringen, wurde seitens des Bürgermeisters ignoriert. Zu diesem Zeitpunkt war er schon damit beschäftigt, potenzielle Investoren für die Ortsmitte zu interessieren. Die wichtigste Voraussetzung dafür aber, eigene Zielvorstellungen für eine Ortsentwicklung fehlten. Es wurde auch kein Versuch gemacht, darüber ins Gespräch mit der Bürgerschaft zu kommen. Auf den Bürgerversammlungen im Herbst 2016 wurde der Öffentlichkeit ein schon fertiges Konzept 'verkauft'.



4. Wie nähern sich andere Gemeinden im Kreis einer geplanten Ortsentwicklung?

Hier möchte ich anhand einiger neuerer Beispiele zeigen, was in anderen Gemeinden unseres Kreises unternommen wird, um Ortsentwicklung nicht dem Zufall oder allein Investoren zu überlassen.

Agenda 21-Gruppen in Landkreis-Gemeinden
Der Begriff Agenda bedeutet: Was zu tun ist. Vor und um die Jahrtausendwende hatten sich in vielen Städten und Gemeinden solche bürgerschaftlichen Foren gebildet, um aktiv auf kommunalpolitische Planungen Einfluss auszuüben. Im Landkreis Darmstadt-Dieburg haben sich nach meiner Erinnerung in den Gemeinden Seeheim-Jugenheim, Pfungstadt, Münster und Mühltal sollche Gruppen über viele Jahre, tielweise bis heute aktiv eingemischt. Auch wenn dies für die gemeindlichen Gremien anstrengend werden kann, führen diese Prozesse in der Meinungsfindung und Willenbildung der Gemeinden weiter.

Dorfentwicklungsplanung in Ober-Ramstadt
Am 21. Juni 2014 berichtet das Darmstädter Echo über eine Auftaktveranstaltung zur Dorfentwicklung. Ziel ist die Aufnahme der Stadt in das Dorfentwicklungsprogramm Hessen. Bei einem moderierten 'intergrierten kommunalen Entwicklungskonzept' stehe 'gemeinsames, aktives Gestalten ( ) im Mittelpunkt, um wieder Leben in den Ort zu bringen'. Die Moderatoren betonen: Bürgerbeteiligung sei wichtig, damit eine gesamt-kommunale Zukunftsstrategie für die kommenden Jahre entwickelt werden könne. 'Ohne Sie geht gar nichts, denn Sie kennen am besten die Knackpunkte in ihrem Ort.' 'Demografie- und Klimawandel beträfen jeden, Kirchturmdenken sei also nicht gefragt: Wir müssen immer im Blick haben, was für die gesamte Stadt wichtig ist.' Dazu sind öffentliche Rundgänge und Diskussionen geplant.

Gestaltungs- und Erhaltungssatzung in Mühltal
Dazu schreibt das Darmstädter Echo am 26. November 2015: 'In den alten Ortskernen der Gemeinde Mühltal werden immer wieder Häuser gebaut, die sich nicht ins Ortsbild einfügen, grob verunstaltend wirken und für Unverständnis in der Bevölkerung sorgen.'
Mit einer Gestaltungs- und Erhaltungssatzung versucht die Gemeinde Mühltal künftig, Bauvorhaben, die das Ortsbild schädigen, zu verhindern. Wichtiges Motiv für deren Erlass waren laut Bürgermeisterin Astrid Mannes oft die gewählten Dachformen, die laut Kreisverwaltung bei einer Genehmigung durch die Bauaufsicht gemäß § 34 Baugesetzbuch nicht zu berücksichtigen seien. § 34 Baugesetzbuch schreibt vor, dass sich Bauten in die umliegende Bebauung einfügen und das Ortsbild nicht beeinträchtigen sollen. Mit einer entsprechenden Satzung hätte die Gemeinde bezüglich des Ortsbildes mehr Mitspracherecht.

Innenentwicklung in Münster
Die Gemeinde Münster plant einen Grundsatzbeschluss zur Innenentwicklung der Gemeinde. Fußend auf einer 'Innenentwicklungspotenzialanalyse' des Landkreises für seine Kommunen sollen 'innerörtliche Baulücken ( ) erst geschlossen werden, bevor weitere wertvolle Flächen in den Außenbereichen zu Bauland umgewidmet werden. ( ) In einem nächsten Schritt will die Gemeinde, in enger Zusammenarbeit mit der TU Darmstadt und dem Frauenhofer Institut, herausfinden, warum solche Areale nicht zu ihrem eigentlichen Zweck genutzt werden. Gespräche mit Eigentümern seien vor allem für die künftige Entwicklung der Gemeinde notwendig. Nur mit Beteiligung und in guter Zusammenarbeit mit Grundstückseignern sowie Besitzern von Immobilien im Ortskern könne eine positive Innenentwicklung gelingen.' (alle Zitate aus Darmstädter Echo vom 13. September 2017)

Die Gemeinde Bickenbach unternimmt keinerlei Versuche, die Ortsentwicklung im Dialog mit der Bürgerschaft konstruktiv zu beeinflussen. Hier lässt mann der Entwicklung des Ortes freien Lauf. Das klingt liberal, ist aber naiv.



5. Was bedeutet das Projekt 'Neue Mitte' für unsere Ortsmitte?

In Wahlkämpfen wird gerne an Emotionen appelliert:
  • CDU: 'Wohlfühlen in Bickenbach'

  • SPD: 'Zuhause in Bickenbach'

  • FDP: 'Lebenswertes Bickenbach'.

Dies hindert diese Orts-Parteien aber nicht, durch ihr Tun all' das, was eben noch als liebenswert beschrieben worden ist, in sein Gegenteil zu verkehren. Das zeigt sich an der aktuell laufenden Bauleitplanung für die 'Neue Ortsmitte' deutlich. Statt sich im Parlament untereinander und mit der Bürgerschaft darüber auseinander zu setzen, was den Charakter Bickenbachs ausmacht und wie dieser erhalten und weiterentwickelt werden kann, überlässt man dies einem Investor, der keinerlei Bindung an unseren Ort hat. Was dabei herauskommt, kann man an der nachfolgenden Gegenüberstellung von Ist-Zustand und Planung des Investors für die Ortsmitte erkennen:









[Fotos der Darmstädter Straße aufgenommen am 16. September 2017
Ansichten der geplanten Gebäudefront zur Darmstädter Straße hin, aus Präsentation des Investors anlässlich der Bürgerversammlung am 30.11.2016 (nicht maßstabsgerecht)]

Zur Erinnerung eine vergleichende Ansicht aus den 30er Jahren


(aus Klaus Böhme und dem Geschichts- und Museeumsverein Bickenbach,'Bickenbach an der Bergstraße, Geschichte in Ansichten und Bildern', Wiesbaden 2002, Seite 54)

Hier wird gut deutlich, wie sehr sich der Charakter der Ortsmitte verändern wird. Daran gemessen nimmt sich die Klage von Bürgermeisterin Mannes über das Ortsbild in Traisa (s.o.) wie Jammern auf hohem Niveau aus. Die kleinteilige Bebauung entlang der Darmstädter Straße mit zweigeschossigen Gebäuden und Satteldächern wird brutal durchbrochen. Zudem stimmt der Höhenanschluss des Gebäudes Darmstädter Straße 14 keinesfalls. Das wird kein sanfter Übergang, sondern ein ein harter Höhensprung. Die Fassade selbst hat mit einer vorgefundenen baulichen Harmonie nichts zu tun, sie ist beliebig und austauschbar.
Was ist an diesem Projekt ortstypisch?
Der Effekt ist, unser Ort wird uns fremd werden.

Im aktuellen Bürgermeisterwahlkampf fällt immer wieder das Argument, Bickenbach müsse 'urbaner' werden. Wieso eigentlich?
Wer Urbanität sucht, zieht mit Sicherheit nicht nach Bickenbach und sei unsere Gemeinde noch so liebenswert!

Definition von Urbanität (aus WIKIPEDIA):
'Urbanität (lateinisch: urbanitas, abgeleitet von urbanus: „städtisch“, im Weiteren von urbs: „Stadt“, im Besonderen von urbs Romæ: das antike Rom) bezeichnet eine Reihe von Zuschreibungen zur Analyse, Charakteristik oder Ontologie der Stadt, des „Städtischen“, der Stadtbewohner und ihrer Kultur, gerade auch ihrer Baukultur, Lebensführung, sozialräumlichen Strukturen, Milieus und Gemeinschaften.
Der Begriff ist ein vielschichtiger Gegenstand von Diskursen, Theorien und Konzepten. Er bezieht sich auf ein weites Feld von Bedeutungen im Zusammenhang mit gebauter und gesellschaftlicher Stadt, insbesondere auf in Städten praktizierte Kulturtechniken und auf Ideale oder Merkmale wie Bildung, Ordnung und Unordnung, Toleranz, Freiheit, Indifferenz, soziale Distanz, Vernetzung, Diversität, Interkulturalität, Weltläufigkeit, Aufgeschlossenheit, Bürgersinn, feines Wesen, Raffinesse, Intellektualität, Kreativität, Sexualpräferenz, Höflichkeit, Eleganz und Schönheit sowie deren Ausdruck in Städtebau, Infrastruktur, Architektur, Innenarchitektur, Kunst, Kunsthandwerk, Mode, Politik, Lebensstil, Sexualpraktik, Sprache, Habitus und Umgangsformen. Seit jeher dient der Begriff der Abgrenzung des städtischen Lebens vom Leben auf dem Lande oder in Kleinstädten. Gegenbegriffe sind daher etwa „Rustikalität“, „Hinterwäldlertum“ und „Provinzialismus“. Das zugehörige Adjektiv ist urban, dessen Gegenbegriffe sind „rustikal“, „ländlich“, „provinziell“, „dörflich“, „bäurisch“ oder (bildungssprachlich) „böotisch“.
Der Vorgang der Urbanisierung bezeichnet dagegen die Verdichtung und Vergrößerung menschlicher Siedlungen.'

Was hat das Projekt 'Neue Mitte' des Investors 'Schlossallee Bickenbach GmbH & Co. KG' damit zu tun? Rein gar nichts!



6. Plädoyer für den Erhalt der Rose und des Vorderhauses der Metzgerei Schemel

Das ehemalige Gasthaus 'Zur Rose' wie auch das Vorderhaus der ehemaligen Metzgerei Schemel sind für unsere Gemeinde identitätsstiftend!

Das Gebäude der ehemaligen Gaststätte 'Zur Rose' wird im Jahr 2017 genau 160 Jahre alt.


nach 55 Jahren (aus Klaus Böhme und dem Geschichts- und Museeumsverein Bickenbach,'Bickenbach an der Bergstraße, Geschichte in Ansichten und Bildern', Wiesbaden 2002, Seite 38)


nach 150 Jahren, Foto vom 3. September 2017

Welcher der modernen 'urbanen' Betonklötze unserer modernen Architektur wird ein solches Alter je erreichen? Dagegen wurde das Untergeschoss der Rose mit Natursteinen gemauert, das Obergeschoss mit Backsteinen. Das Gebäude besitzt Charakter. Viele andere Gemeinden würden uns um ein solches Gebäude in der Ortsmitte beneiden. Mancherorts werden für die Ortsgeschichte bedeutsame Objekte mit modernen Mitteln nachgebaut, um wenigstens das Ambiente zu erhalten. Bickenbach gibt seine Wurzeln ohne Not auf.

Die Gemeinde kaufte die Rose nach dem Ende der Bewirtschaftung im Jahr 2011 für 170.000 Euro. Zweck war es, an diesem zentralen Ort ein Gelände in den Besitz zu bringen, um bei einer zukünftigen Planung neben dem kommunalen Planungsrecht auch Grundbesitz in die Waagschale werfen zu können. Dieses Pfand wurde Ende 2016 für 300 Euro pro Quadratmeter äußerst leichtfertig aus der Hand gegeben. In dieser Zeit hörten die Gemeindevertreter seitens des Bürgermeisters gebetsmühlenartig wiederholt, die Bausubstanz sei so schlecht, dass das Gebäude der Rose nicht mehr zu erhalten sei. Ein Architekt wurde nicht zu Rate gezogen.

Das Vorderhaus der ehemaligen Metzgerei Schemel ist nicht so alt, wie der Familienbetrieb Schemel (133 Jahre). Es steht aber duchaus auf historischem Grund und führt die Bebauung entlang der Darmstädter Straße fort.


Foto vom 3. September 2017


(aus Klaus Böhme und dem Geschichts- und Museeumsverein Bickenbach,'Bickenbach an der Bergstraße, Geschichte in Ansichten und Bildern', Wiesbaden 2002, Seite 47)

Betrachten Sie sich in den vorgestellten Bildern, wie sich die Gebäude Rose und Schemel in die Baulinie an der Darmstädter Straße einfügen. Da muss nichts aufwändig nachgebaut werden. Mit dem Projekt 'Neue Mitte' wird all' dies auf einen Schlag vernichtet!


Der Denkmalschutz scheint untätig zu sein!

Am 6. September 2017 schrieb ich die Behörde an:

'Sehr geehrte Damen und Herren,

auf meine Anfrage an Bürgermeister Martini, ob Gerüchte zuträfen, dass Abbruchanträge für die Liegenschaften Darmstädter Straße 6 (vormals Metzgerei Schemel) und 12 (vormals Gaststätte 'Zur Rose') gestellt worden seien, gab es folgende Antwort:

'Was den Abbruch der betreffenden Gebäude betrifft, so handelt es sich nicht um Gerüchte, sondern um tatsächliche Planungen des Vorhabenträgers, da hierfür aus artenschutzrechtlichen Gründen lediglich die Monate Oktober bis November in Frage kommen. Auch würden hier die Abbrucharbeiten behördlicherseits artenschutzrechtlich begleitet. Dies wurde nach unserer Erinnerung am vergangenen Dienstag im PLU-Ausschuss so kommuniziert. Bis heute sind jedoch noch keine entsprechenden Anträge in unserem Hause eingegangen.'

Als Vorsitzender der Fraktion KOMM,A in der Gemeindevertretung Bickenbach bitte ich Sie um Erläuterung der Stellungnahme des Landkreises Darmstadt-Dieburg im Rahmen des Offenlegungsverfahrens bezüglich der geplanten 1. Änderung des Bebauungsplans 'Nördlich der Darmstädter Straße' vom 17. Januar 2017 (Aktenzeichen: 411-TÖB-91/12), den Denkmalschutz betreffend. Darin erlärt die Kreisverwaltung im ersten Absatz: 'Gegen die gegenüber dem rechtskräftigen Bebauungsplan vorgesehene Veränderung der Planung, werden aus denkmalschutzrechtlicher Sicht erhebliche Bedenken geltend gemacht.' Im letzten Absatz erklärt die Kreisverwaltung dann: 'Gegen die geplante Neubebauung entlang der Darmstädter Straße und der Bebauung in den grünen Blockinnenbereichen werden denkmalschutzrechtliche Belange zurückgestellt.' (jeweils Seite 4 des Schreibens) Seitens der Planer des Investors und der Gemeinde wird daraus eine Zustimmung der Denkmalschutzbehörde abgeleitet. Ich bitte Sie dringend um Klarstellung.

Der Investor 'Schlossalle Bickenbach GmbH & Co. KG' plant jetzt, durch Anträge auf vorzeitige Abrissgenehmigungen unumkehrbare Fakten zu schaffen. Dabei fürchte ich v.a. um den Bestand der Gebäude Darmstädter Straße 6 Vorderhaus, ehemalige Metzgerei Schemel, und Darmstädter Straße 12, ehemals Gasthaus 'Zur Rose'. Beide Gebäude (siehe Bilder im Anhang, aufgenommen am 3.09.2017) sind für Bild und Charakter der Ortsmitte Bickenbachs von hoher Bedeutung. Die Metzgerei Schemel wurde 133 Jahr als Familienbetrieb geführt, bevor dieser vor wenigen Jahren schließen musste. Das Gebäude der Gaststätte 'Zur Rose' wird in diesem Jahr 150 Jahre alt. Es hat für die Ortsgeschichte eine nicht unerhebliche Bedeutung. [siehe Anhang: Gerhard Jacoby, Bickenbacher Gastwirtschaftsgeschichte(n)] Der Denkmalwert der Gebäude liegt u.E. weniger in in der besonderen Architektur der Baucorpi als vielmehr im Zusammenspiel mit anderen, im Dorferneuerungsprogramm aus den 70er und 80er Jahren erheltenen Gebäude in der Ortsmitte. [siehe Auszug Dokumentation zur Dorferneuerung 1981 im Anhang] Ein Abriss dieser beiden Gebäude würde den eigenen Charakter des alten Ortskerns von Bickenbach unwiederbringlich zerstören!

Im Zusammenhang mit den laufenden Bauleitplanverfahren möchte ich auf folgende Sachverhalte hinweisen:
  1. Für den Planbereich 1. Änderung des B-Plans 'Nördlich der Darmstädter Straße' existiert eine Veränderungssperre, beschlossen von der Gemeindevertretung am 8.09.2016.

  2. Das durch den Aufstellungsbeschluss für eine 1. Änderung des Bebauungsplans 'Nördlich der Darmstädter Straße' begonnene Planungsverfahren ist weder abgeschlossen noch beschlussreif. Es fehlen wichtige Gutachten und Planungsunterlagen.

  3. Das Offenlegungsverfahren zu den Fragen von Artenschutz steht noch aus. Das mittlerweile vorliegende Artenschutzgutachten selbst ist von der Gemeindevertretung noch nicht zur Kenntnis genommen worden. Darin wird ein Zeitfenster für Abbrucharbeiten für die Kalendermonate Oktober und November festgesetzt.

  4. In der Gemeinde Bickenbach hat sich im Frühjahr 2017 eine Bürgerinitiative begründet, die das von der 'Schlossallee Bickenbach GmbH & Co. KG' gewünschte Projekt insbesondere hinsichtlich der geplanten Bebauungsdichte (55 WE auf 6.000 Quadratmetern) und der damit einhergehenden Zerstörung des Ortscharakters und -bildes ablehnt. Seitens dieser BI werden zur Verhinderung dieser Planung bereits juristische Schritte sowie die Durchführung eines Bürgerbegehrens öffentlich diskutiert. Beides ist jedoch erst möglich, nachdem die Gemeindevertretung einen B-Planbeschluss gefasst hat. Dies alles ist sowohl dem Bürgermeister und der Gemeindevertretung als auch dem Investor bekannt.

  5. Unter dem Blickwinkel eines Erhaltes des charakteristischen Ortbildes von Bickenbach wird seitens der BI Ortsmitte offen für den Erhalt der ehemaligen Gaststätte 'Zur Rose' und des Vorderhauses der ehemaligen Metzgerei Schemel geworben - ganz im Sinne der in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts vorgenommenen Dorferneuerung, einhergehend mit einer dezidierten Ortsentwicklungsplanung. Die aktuell amtierende Gemeindevertretung hat es dagegen versäumt, sich im Zusammenhang mit dem Investorenprojekt 'Neue Mitte' mit Fragen der Ortsentwicklung auseinander zu setzen und eigene Vorstellungen zu entwickeln. Eine Mehrheit der Gemeindevertretung hat die Planungsinteressen des Investors unhinterfragt übernommen.

  6. Durch die Ausnahmeregelung einer 'vorzeitigen' Abbruchgenehmigung würden diesbezüglich unumkehrbare Fakten geschaffen!


Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Friedrich Koch
Vorsitzender der Fraktion KOMM,A in der Gemeindevertretung Bickenbach'

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