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15.12.2008Bickenbach schläft beim Thema erneuerbare Energien - die Zweite
von
Felix Günther
Erneuerbare Energienutzung hat einen Siegeszug angetreten. Land auf, Land ab werden Altbauten nachgerüstet und Bauvorhaben entsprechend geplant. In ganz Hessen? Nein, ein kleines Dorf am Rand der Metropolregion Rhein-Main leistet tapfer Widerstand. Dort gibt es eine ganz große Koalition der Unwilligen...

Die Gemeinde Bickenbach baut einen neuen Bauhof für 650.000 Euro, Grundfläche 20 x 25 Meter. Mit Erstaunen musste der geneigte Bürger zur Kenntnis nehmen, dass weder Solarenergienutzung noch eine Regenwasserzisterne eingeplant worden war. Die KOMM, A-Fraktion beantragte, die Dachkonstruktion so auszuführen, dass eine Photovoltaik-Anlage darauf installiert werden kann, den Einbau einer kleinen thermischen Solaranlage für den Bedarf der Sozialräume für die Angestellten, den Bau einer Zisterne und den Einbau eines Brauchwasserleitungssystems. Dieser Antrag wurde in der Gemeindevertretung am 11. Dezember in allen Punkten abgelehnt. (Lediglich der Zisterne konnte auch die SPD-Fraktion zustimmen.)

Dem Antrag war ein Gespräch zwischen KOMM, A und Bürgermeister Martini vorausgegangen, in welchem zugesagt wurde, die voraussichtlichen Mehrkosten einer solchen Ausführung durch den Architekten kalkulieren zu lassen. In der vorgeschalteten Ausschusssitzung wurden dann - bezogen auf die Dachkonstruktion - Zusatzkosten zwischen 78.000 (Verstärkung der Statik) und 125.000 Euro (Drehung der Dachausrichtung und statische Nachrüstung) genannt.

Argumente gegen unseren Antrag waren:
- zu teuer (CDU und FDP)
- wird nicht gebraucht für den Bedarf Bauhof (CDU)
- die laufenden Kosten für Instandhaltung bzw. Wartung seien zu hoch (CDU)
- die Wegeführung auf dem Gelände sei noch nicht klar (Martini)
- KOMM, A habe den Antrag ohne Kenntnis der Zusatzkosten gestellt (Martini)
- es gebe noch keine 'Luftanker' - zusätzliche Statik sei notwendig und koste Geld (SPD)
- auch die Herstellung von Stahl für die zusätzliche Statik sei umweltschädlich (SPD)
- KOMM, A solle ihre Anträge früher stellen um Sprit und Papier für die Versendung der zusätzlichen Sitzungsunterlagen zu sparen (SPD).


Die vorgetragenen Argumente überzeugen nicht.

- Die genannten Zusatzkosten wirken gewaltig, sie müssen aber hinterfragt werden. Es geht nicht um einen Eingriff in vorhandene Bausubstanz, sondern einen frei planbaren Neubau. Schon der planerische Mehraufwand ist nur deshalb notwendig, weil der Gemeindevorstand die Nutzung von Photovoltaik nicht von vornherein bedacht, also geschlafen hat. Gäbe es den der KOMM, A-Fraktion seit Jahren verwehrten Sitz im Gemeindevorstand, wäre das nicht passiert!

- Der Bürgermeister hat trotz Nachfrage nicht beantwortet, von welcher zusätzlichen Dachlast der Architekt bei seinen Kalkulationen ausgegangen ist. Welche Art, Form und Gewicht von Solarzellen und welche Montageart wurde für veränderte Statik zugrunde gelegt? So bleiben die Kosten ein 'Todschlagargument'. Dies wird aber von keiner anderen Fraktion in der Gemeindevertretung hinterfragt.

- Natürlich entstehen Mehrkosten für die von KOMM, A beantragten Maßnahmen. Für Photovoltaik und thermische Nutzung von Solarenergie müsste aber auch die Gegenrechnung bezüglich eingesparter Energiekosten aufgemacht werden. Bezüglich der Regenwassernutzung fehlen Berechnungen für eingespartes Frischwasser und nicht abzurechnende Kanalgebühren völlig. Dies ist mehr als unprofessionell. Auch das fällt den 'Nein-Sagern' nicht auf.

- Im Bauhof sollen sieben Mitarbeiter(innen) stationiert werden. Für sie muss im Winter geheizt werden, Duschen und Toiletten müssen bereitgestellt werden. Die Behauptung, dies werde alles nicht genutzt, ist abenteuerlich. Thermische Solarenergie- und Brauchwassernutzung rechnen sich auch schon für Bauvorhaben von Kleinfamilien, wenn auch nicht im ersten Betriebsjahr.

- Die Größenordnung von 650.000 Euro Finanzbedarf für das Neubauvorhaben Bauhof wurde bereits im Frühjahr in den Haushaltsplan 2008 eingestellt, bevor überhaupt eine konkrete Planung für das Projekt vorlag. Heute zu behaupten, von dieser Summe könne man nicht mehr abweichen, ist absurd.

Der eigentliche Skandal liegt darin, dass ein solcher Antrag überhaupt gestellt werden muss. Statt global zu denken und lokal zu handeln fährt die 'Gestaltungsmehrheit' in der Bickenbacher Gemeindevertretung enttäuschend schwache Argumente auf, um sinnvolle und wichtige Maßnahmen zu verhindern. Der Prüfauftrag von KOMM, A bezüglich einer gemeindlichen Initiative für ein Blockheizkraftwerk im dem Bauhof benachbarten Gewerbegebiet scheiterte aus dem gleichen Unvermögen. Das Bewusstsein, dass Politik in Zeiten des Klimawandels zu ökologischem Handeln verpflichtet ist, ist in Bickenbach offenkundig noch nicht angekommen.


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