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26.03.2020Außergewöhnliche Zeiten...
von
Ulrich Friedrich Koch
Wir erleben gerade außergewöhnliche Zeiten.

In unserer Bewegungsfreiheit sind wir stark eingeschränkt, das öffentliche Leben steht praktisch still, viele Existenzen, Familien und Betriebe kämpfen ums wirtschaftliche Überleben und die psychischen Belastungen angesichts der Entwicklungen in unserem unmittelbaren Umfeld wie auf der ganzen Welt machen uns zu schaffen. Viele von uns haben so etwas noch nicht erlebt. Man hat das Gefühl, es wird einem der Boden unter den Füßen weggezogen.
Wir müssen lernen, damit klar zu kommen.

In diesen Tagen kommen mir Frühjahr und Sommer des Jahres 1986 in den Sinn. Durch die Reaktor-Kernschmelze des Atomkraftwerks Tschernobyl geriet unser Alltag ebenfalls aus den Fugen. Die Bedrohung durch den atomaren Fall-Out war allgegenwärtig, aber nicht sichtbar - man konnte dem nicht entgehen. Wir hatten eine Tochter, die nicht im Freien spielen durfte. Viele Lebensmittel waren mehr oder weniger kontaminiert. Da die Milch belastet war, wurde Milchpulver gehamstert. Meine Frau war schwanger. Wir wussten nicht, ob ein normales Leben überhaupt noch möglich sein würde, und fürchteten um die Zukunft unserer Kinder. Das erste Mal in meinem Leben hatte ich Existenzangst. Mir fehlte jegliche Idee, wie ich meine Familie schützen könnte.
Die Katastrophe in Fukushima im März 2011 rief diese Gefühle wieder wach, aber Japan war weit weg und man hatte die Erfahrungen von Tschernobyl.

Im März 1945 endete der Zweite Weltkrieg durch den Einmarsch der Amerikaner in unserer Region. Die Familie meiner Mutter saß während der Bombardements von Darmstadt im Keller. Die Menschen wussten nicht, ob man diese Bombennacht und diesen Krieg überleben würde. Es fehlte die Fantasie, sich ein ein Leben nach dem verlorenen Krieg vorstellen zu können. Ob man Väter und Brüder lebend wiedersehen würde - die Chancen standen schlecht.
Und nach dem Krieg? Selbst hatte man überlebt. Es war nicht gesichert, etwas zu Essen zu bekommen. Wo und unter welchen Umständen würde man als Ausgebombte eine Unterkunft finden? Wie konnte man eine sichere wirtschaftliche Existenz aufbauen? Unter welchen Bedingungen würden die überlebenden Kinder aufwachsen?
Meine Großeltern haben dieses 'Weltende' gleich zwei Mal durchmachen müssen. Die 'Gnade der späten Geburt' blieb meiner Generation vorbehalten. Womit hatten wir das verdient?

Nach dem Krieg gab es in unserem Land ein großes Flüchtlingsproblem. Damals ging es um Landleute, die vor allem aus den ehemaligen Ostgebieten vertrieben worden waren. Keiner hat die Fluchtgründe und deren Legitimität hinterfragt. Die 'Besserweggekommenen' mussten in verordneter Solidarität Wohnraumzwangsbewirtschaftung ertragen. Die Geflohenen waren Fremdkörper und deren Integration ein jahrzehntelanger Kraftakt.

Heute sitzen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Hunger, Elend und Perspektivlosigkeit an Europas Grenzen und werden nicht rein gelassen. Die Schuldfrage stellt niemand. Wir sehen nur die möglichen Einschränkungen für uns, die deren Aufnahme mit sich bringen würde. Die Gefährdung dieser Menschen durch das Corona-Virus interessiert kaum jemanden. Zu Fluchtursachen gehören auch Epidemien.
Die Ebola-Pandemie vor wenigen Jahren in Afrika war weit weg. Unsere Gesundheitsinfrastruktur versprach, im Falle eines Falles mit Ebola fertig zu werden. Die subjektiven Bedrohungsgefühle hielten sich in Grenzen.
Die Pest um das Jahr 1350 kostete mehr als einem Drittel der Bevölkerung das Leben. Danach war eine Infrastruktur nicht mehr vorhanden - das Leben begann am Punkt null. Daran gemessen werden wir das Corona-Virus besser überstehen.

Schon innerhalb von Europa ist die Perspektive deutlich schlechter aus als in unserem Land. Aktuell gibt es allergrößte Befürchtungen vor einer 'Explosion' der Corona-Pandemie im Süden Italiens. 'Die nächsten zehn Tage werden die Hölle sein' titelt die Presse. Dort in der Provinz Basilikata liegt Bickenbachs Partnergemeinde Tricarico. Wir wollten im Herbst das zwanzigjährige Bestehen der Partnerschaft zusammen mit Freunden aus Tricarico feiern. Wird das möglich sein oder stellt sich die Frage nach einer Aufnahme von Corona-Flüchtlingen aus dem Süden Europas?

Ein großes Problem vor allem in Süditalien ist die unzureichende medizinische Infrastruktur: Zu wenige und schlecht ausgestattete Krankenhäuser, fehlende Gerätschaften und fehlendes Personal. Mangel an medizinisch geschultem Fachpersonal besonders im Bereich der Pflege herrscht auch bei uns. Aufgrund schlechter Bezahlung und einem schlechten Renommee der pflegenden Berufe wird seit Jahren qualifiziertes Personal aus Ländern angeworben, die diese Fachkräfte gerade auch in der aktuellen Situation eigentlich selbst dringend benötigen. In diesem Kontext sind uns Fremde-Wirtschaftsflüchtlinge-Ausländer*innen gerade recht. Jetzt in einer Situation, in der der Wert dieser Arbeit plötzlich zur Kenntnis genommen wird, wird deren Tätigkeit und Engagement öffentlich beklatscht.
Pfarrer Arnd aus Neunkirchen fordert genau wie der Künstler Weiller aus Wiesbaden dazu auf, anstelle des öffentlichen Applauses doch lieber Arbeitsbedingungen, Bezahlung und Ausstattung des Personals in den Krankenhäusern und Pflegeheimen zu verbessern. Ob wir uns nach der Krise noch daran erinnern werden...


Bickenbach, den 27. März 2020

Ulrich Friedrich Koch


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