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21.11.2020Bürgermeister Hennemann verweigert Einsichtnahme in Ergebnis der Offenlegung des Bebauungsplans zur "Neuen Mitte"
von
Ulrich Friedrich Koch
Unsere Gemeindevertretung führt derzeit das Bauleitplanverfahren zur Bickenbacher Ortsmitte durch. Vom 27. Juli bis 4. September 2020 war die Planung offengelegt worden.

Laut Baugesetzbuch haben die Gemeinden das Recht, Bauleitpläne aufzustellen. Dabei besteht die Pflicht, die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
Zur Bildung des endgültigen planerischen Willens ist die Kenntnisnahme der im Rahmen einer Offenlegung eingegangenen Stellungnahmen zu Bebauungsplanentwürfen notwendig.

Im Oktober baten wir Bürgermeister Hennemann fernmündlich und am 2. November 2020 schriftlich um Einsichtnahme in die eingegangenen Stellungnahmen.
Die gewünschte Einsichtnahme wurde uns von Bürgermeister Hennemann verweigert unter Hinweis auf
  • die Ausarbeitung einer gemeindlichen Stellungnahme durch einen beauftragten Planer
  • datenschutzrechtliche und kommunalrechtliche Bedenken.
Mündlich wie schriftlich wurden wir auf die Möglichkeit verwiesen, einen Akteneinsichtsausschuss zu beantragen. Gleichzeitig kritisierte er das in unserem Ansinnen zum Ausdruck kommende Mißtrauen gegenüber dem gemeindlichen Planer bzw. dem Gemeindevorstand.

Wir insistierten aber auf eine Einsichtnahme in alle eingegangenen Stellungnahmen ungekürzt und angemessen frühzeitig vor Beschlussfassung über die Abwägung der eingegangenen Stellungnahmen. Lediglich die Kenntnisnahme der durch den gemeindeseits beauftragten Planer ausgewählten und gekürzt wiedergegebenen Stellungnahmen hielten wir für nicht ausreichend, um unserem Recht und unserer Pflicht zur Abwägung im Rahmen der Bauleitplanung gerecht zu werden. Des weiteren verwiesen wir auf die Gestattung einer Einsichtnahme in die eingegangenen Stellungnahmen nach der Offenlegung im gleichen Bauleitplanverfahren seitens Bürgermeister Martinis um den Jahreswechsel 2016/17 in den Räumen des Rathauses.

Am 9. November 2020 baten wir die Kommunalaufsicht beim Landkreis Darmstadt-Dieburg um Bewertung, ob die Haltung Bürgermeister Hennemanns, eine Einsichtnahme in die Stellungnahmen zur Offenlegung im aktuellen Bauleitplanverfahren zu verweigern, rechtens ist.

In ihrer Antwort vom 12. November 2020 erläuterte die Kommunalaufsicht zunächst Stellung, Aufgaben und Rechte von Bürgermeister, Gemeindevorstand, Gemeindevertretung, Ausschüssen und Fraktionen gemäß Hessischer Gemeindeordnung. Vor dem Hintergrund der Aufgabe von Fachausschüssen, Beschlüsse des Gemeindeparlaments vorzubereiten
    'widerspräche doch eine Vorab-Einsicht in die Stellungnahmen durch Mandatsträger dem üblichen "vorgegebenen Weg". Die Aufgabe bzw. Funktion der Ausschüsse würde ad absurdum geführt werden, wenn sich vor Aufgabenzuweisung in die Ausschüsse alle oder einzelne Gemeindevertreter mit den Sachverhalten beschäftigen bzw. auseinandersetzen wollten/sollten. Gerade die sachliche Auseinandersetzung in den Ausschüssen dient doch der Entlastung der Gemeindevertretung.
    Aus hiesiger Sicht scheint Herr Bürgermeister Hennemann gesetzeskonform gehandelt zu haben; auch wenn sein "Vorgänger" möglicherweise eine andere kommunalpolitische Handhabung vorsah.
    '


Noch am gleichen Tag antworteten wir der Kommunalaufsicht und wiesen darauf hin,
    'dass ich nicht im Sinne einer Überwachung des Gemeindevorstandes angefragt hatte, sondern zur Frage, wie wir als Gemeindevertreter*innen unser Recht und unsere Pflicht im Sinne des Baugesetzbuches bezüglich gemeindlicher Bauleitplanung gerecht werden sollen, wenn uns nicht die im Rahmen eines Offenlegungsverfahrens eingegangenen Stellungnahmen im Original zur Beratung vorliegen, sondern lediglich eine ausgewählte Inhaltangabe mit vorgefertigter Stellungnahme eines von der Gemeinde beauftragten Planungsbüros.
    Einberufung und Arbeit eines Akteneinsichtsausschusses dauern viel zu lange, haben ggfs. keine aufschiebende Wirkung und bremsen die Bauleitplanung möglicherweise über Gebühr aus.
    Zur Frage des Datenschutzes in diesem konkreten Zusammenhang haben Sie sich nicht geäußert - diesem Belang könnte wo erforderlich jedenfalls leicht abgeholfen werden.
    '


In ihrer Reaktion vom 18. November 2020 stellte die Kommunalaufsicht fest, dass
    'der Gemeindevorstand ( ) die Verwaltungsbehörde der Gemeinde (ist); er besorgt die laufende Verwaltung, bereitet die Beschlüsse der Gemeindevertretung vor und führt sie aus ( ). Das bedeutet, dass die Verwaltung die Informationen und Daten unter datenschutzrechtlichen Bestimmungen zusammenstellt. In dem von Ihnen genannten Fall, der Stellungnahmen zum Bebauungsplan, erhalten die Mitglieder des Bauausschusses die anonymisierten Stellungnahmen auszugsweise, z. T. wortwörtlich oder auch komprimiert und geordnet nach Sachthemen. Dadurch entfällt eine zeitintensives "Einlesen", was aus hiesiger Sicht einem effizienten und sachgerechten Arbeitsablauf entspricht. Es wird davon auszugehen sein, dass den Mandatsträgern die entscheidungsrelevanten Fakten zur Verfügung gestellt werden, die zur Entscheidungsfindung erforderlich sind.'





Kommentar


Bürgermeister Hennemann hält ohne Not mit den Stellungnahmen zur aktuellen Bauleitplanung der 'Neuen Mitte' hinterm Berg.

Es existieren keine kommunalrechtlichen Hindernisgründe, denn Bürgermeister Martinis Gestattung einer 'Akteneinsicht' war nicht gerügt worden und wurde auch jetzt nicht seitens der Kommunalaufsicht als rechtwidrig qualifiziert.

Stattdessen führt die Kommunalaufsicht, wenn man den Theaterdonner ausblendet, lediglich einen 'effizienten Arbeitsablauf' ins Feld.

Die Frage des Datenschutzes ist nur vorgeschoben. Bezüglich der Stellungnahmen der 'Träger öffentlicher Belange' besteht schlechterdings kein Datenschutz. Bezogen auf die privaten Stellungnahmen macht eine Anonymisierung keine wirklichen Probleme.

Daher stellt sich die Frage, aus welchen Beweggründen bzw. Interessen heraus Bürgermeister Hennemann Mitgliedern der Gemeindevertretung eine Einsichtnahme in die Stellungnahmen zur Bauleitplanung 'Neue Mitte' verwehrt. Es darf gerätselt werden...


Bickenbach im November 2020
Ulrich Friedrich Koch



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