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03.12.2020 | 08. Die Grünen - 1985 bis 1989 | von Ulrich Friedrich Koch | Link zum Register 40 Jahre grün-alternative Politik in Bickenbach
Im Herbst 1984 finden zwischen den Grünen und der FLUB Gespräche über eine Zusammenarbeit, die Kandidatur zu den Kommunalwahlen 1985 sowie die politischen Schwerpunkte für die kommenden Jahre statt. Anfang November veranstalten beide Gruppierungen eine gemeinsame Veranstaltung zum Thema Waldsterben.
Im neuen grünen Ortsverband sind folgende Bickenbacherinnen und Bickenbacher aktiv:
Hermann Benjes, Klaus Peter Creamer, Christoph Didion, Thomas Dreher, Ulrike Koch, Birgit Köhler, Werner Lautz, Werner Maryska, Angela Seeler, Ralf-Dieter Schmitt, Ulrich Schmitt, Sandro Tomas, Iris Wilumeit und Andrea Zimmermann-Pawlowsky.
[Die grün hinterlegten links stammen aus der Reihe MATCHBALL/Bickenbacher Magazin-Kurzinterview 'Ein Dutzend Fragen - Zwölf Antworten' in den Heften 23 und 25, jeweils im Jahr 1987.]
Im Januar 1985, zwei Wochen nach der offiziellen Gründung des Ortsverbands Bickenbach der Grünen, wird auf eine Versammlung der Wahlvorschlag für die Kommunalwahl 1985 für die Partei 'Die Grünen' beschlossen. Aufgestellt werden:
1. Ulrich Schmitt, Elektrotechniker
2. Christoph Didion, Student
3. Werner Lautz, Kunststoff-Verarbeiter
4. Angela Seeler, Betriebswirtin
5. Klaus Peter Creamer, Redakteur
Angela Seeler wirde zur Wahl nicht zugelassen, da sie am Wahltag noch keine sechs Monate in Bickenbach gemeldet war. Vom grünen Ortsverband wird sie als Kandidatin für den Gemeindevorstand vorgesehen.
Die Grünen Wahlprogramm 1985
Drei Wochen vor der Kommunalwahl überrascht Ulrich Schmitt den Ortsverband mit dem Antrag, mit der SPD Bickenbach 'eine verantwortungsvolle Zusammenarbeit an(zu)streben'. Darüber hinaus hatte er ein Flugblatt eigenmächtig und ohne Rücksprache mit dem Ortsverband abgeändert. Beides führt zu heftiger Kritik und eindeutiger Ablehnung im Ortsverband.
Vier Tage vor der Kommunalwahl erklärt Ulrich Schmitt seinen Austritt aus dem Ortsverband der Grünen.
Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zwei Tage vor der Wahl fordert der grüne Ortsverband Ulrich Schmitt auf, ein Mandat, dass er für die Grünen erhalten könne, ggfs. nicht anzunehmen.
Die Kommunalwahl am 10. März 1985 führt gegenüber der Wahl vier Jahre zuvor zu einer starken Stimmverschiebung zwischen SPD und CDU zu Gunsten der SPD:
Die SPD erhält 55,0% der Stimmen, 8,8% mehr als 1981. Damit gewinnt sie -wieder- die absolute Mehrheit der Stimmen und kann im Parlament praktisch alleine entscheiden.
Die CDU erhält mit 27,6% 8,5% weniger Stimmen als vier Jahre vorher.
Die FDP bleibt mit 7,8% etwa auf dem Niveau der vorhergegangenen Kommunalwahl.
Die Grünen verlieren 0,4% des Wählerstimmenanteils der FLUB und landen bei 9,6% der Wählerstimmen.
Von 23 Sitzen in der Gemeindevertretung erhalten die SPD 13, die CDU 6, die FDP 2 und die Grünen 2 Sitze.
Nach der Wahl wird das Zerwürfnis zwischen dem grünen Ortsverband und ihrem Spitzenkandidat öffentlich bekannt - siehe
Presseberichterstattung vom Darmstädter Tagblatt am 21.03.1985 und dem Darmstädter Echo am 23. und 27.03.1985.
Zwei Wochen nach der Wahl beantragt der grüne Ortsverband den Parteiausschluß aus der Partei Die Grünen beim Landesverband 'wegen parteischädigenden Verhaltens'.
Einen Monat nach der Wahl, am Tag der konstituierenden Sitzung der neugewählten Gemeindevertretung, informiert der grüne Ortsverband den Gemeindevorstand in einem Schreiben offiziell über den Parteiausschluss von Ulrich Schmitt und spricht im ab, 'als grünes Mitglied aufzutreten und im Namen der Grünen zu sprechen'. In diesem Schreiben wird u.a. ausgeführt:
'Im Januar 1985 wurde der OV-Bickenbach mit dem Ziel gegründet, ( ) zur Kommunalwahl anzutreten, damit im Gemeindeparlament GRÜNE Politik vertreten wird. Zwar war die politische Zielrichtung innerhalb des OVs der größte gemeinsame Nenner, jedoch konnten Detailfragen in kurzer Zeit nicht erarbeitet werden. Im Hinblick auf die zu erstellende GRÜNE-Liste wurde den Kandidaten ein Vertrauensvorschuß dahingehend eingeräumt, daß sie sich an basisdemokratische Beschlüsse des OV's halten werden. Da wir uns alle noch nicht gut kannten, verbanden wir die Aufstellung der Kandidaten mit dem Hinweis, GRÜNE Abgeordnete aus der Gemeindevertretung wieder zurückrufen zu können ( ). Auch Ulrich Schmitt stimmte dieser Vereinbarung deutlich zu. Aufgrund dieser Zusage wurde Ulrich Schmitt ( ) auf die Liste gewählt.
( )
Die Bitte des OV's an ihn, sein Mandat wegen mangelnden Vertrauens zurückzugeben, offenbarte Ulrich Schmitt's wahre Absichten. Ihm ging es, so ließ er wissen, einzig und allein darum, das Mandat zu behalten, um der SPD die Mehrheit zu verschaffen. Er werde dafür mit allen Mitteln kämpfen.'
Damit verlieren die Grünen ihren Status als Fraktion und es fehlen die notwendigen Stimmen, ihre Kandidatin für den Gemeindevorstand durchzubringen!
Ulrich Schmitt wird dies zehn Jahre später so kommentieren:
Nach der Abgabe der Kandidatenliste zur Wahl 1985 traten sehr bald die unterschiedlichen Demokratievorstellungen ans Tageslicht. Die bedingungslose Umsetzung des imperativen Mandats wurde zum Knackpunkt im Ortsverein.
Der verbliebene Gemeindevertreter für die Grünen, Christoph Didion, hatte sich vor der Wahl verpflichtet, sich an die Voten des grünen Ortsverbandes zu halten. Ulrich Schmitt hatte dies in seinem Antrag an die Mitgliederversammlung Mitte Februar 1985 selbst so formuliert: 'Die Grünen bekennen sich zur Basisarbeit und zum imperativen Mandat.'
Kurz nachdem Christoph Didion in die Gemeindevertretung eingezogen war wurde er Mitglied der grünen Partei.
Mitte August 1985 berichtet das Darmstädter Echo über die Bildung einer neuen Fraktion in der Bickenbacher Gemeindevertretung unter dem Namen 'Sozialliberaler Bürgerblock Umweltschutz' durch Ulrich Schmitt und Christoph Didion.
Mitte September gibt Didion seinen grünen Mitgliedsausweis zurück. Der Aufforderung seitens des grünen Ortsverbandes, sein Mandat zurückzugeben, leistet er keine Folge.
Damit sind die Grünen wenige Monate nach der Kommunalwahl nicht mehr im Gemeindeparlament vertreten. Diese Situation kommentiert der Ortsverband in seinem Flyer 'Grün kaputt?' im Oktober wie folgt:
Ein halbes Jahr nach der Kommunalwahl hat sich die Zahl der Aktiven im grünen Ortsverband aus unterschiedlichen Gründen mehr als halbiert:
- Birgit Köhler 'pausiert' aus privaten Gründen für längere Zeit
- Hermann Benjes beginnt im Jahr 1985 seine bundesweiten Vortragsreisen in Sachen Waldsterben und Biotopvernetzung und hat daher für die Arbeit vor Ort keine Zeit mehr
- Ulrich Schmitt tritt aus dem Ortsverband aus und gründet eine konkurrierende Fraktion
- Ralf-Dieter Schmitt stellt nach dem Konflikt zwischen dem Ortsverband und seinem Bruder die Mitarbeit ein
- Christoph Didion tritt aus dem Ortsverband aus und begründet eine Fraktionsgemeinschaft mit Ulrich Schmitt
- Iris Wilumeit zieht von Bickenbach weg
- Angela Seeler stellt ihre Mitarbeit ein
- Sandro Tomas stellt seine Mitarbeit ein
Einige Zeit später zieht Ulrike Koch in eine Nachbargemeinde und stellte ihre Mitarbeit im Bickenbacher Ortsverband ein.
Die Grünen versuchen nun verstärkt, über außerparlamentarische Initiativen politische Einflußnahme auszuüben, mit folgenden Schwerpunkten:
- Verkehr: Verhinderung der B3-Ostumgehung - Verkehrsberuhigung - Tempo 30 - Querungshilfe über die B3 am nördlichen Ortsausgang - Förderung des Öffentlichen Personen Nahverkehrs - Schnelle Straßenbahn
- Umwelt: Müllvermeidung - Benzolbelastung - Renaturierungsmaßnahmen - Aufbau einer Naturhecke - Vernetzung der Landschaften - Verhinderung eines dritten Verbrennungsofens in der Sondermüllverbrennungsanlage Biebesheim - Stillegung des AKW Biblis
- Soziales: Verwirklichung einer offenen Jugendarbeit in Bickenbach - Errichtung eines Kinderspielplatzes im Kiefernwald
...
Flyer zur B3-Umgehung und zur Verkehrsberuhigung im Februar 1985
Flyer zu Tempo 30 im April 1986
Klaus Peter Creamer: Tempo 30, Match Ball Heft 20 im Mai 1986
Darmstädter Echo vom 11.04.1986, Titel: Tempo 30 der erste Schritt zur Verkehrsberuhigung
Flyer zur Verkehrsberuhigung in der Bahnhofstraße im Januar 1986
Eingabe an die Gemeinde zur Verkehrsberuhigung in der Bahnhofstraße 1985-1986
Ende 1986 legt Christoph Didion sein Mandat aus persönlichen Gründen nieder. Dadurch kann mit Werner Lautz wieder ein Mitglied der Grünen in die Bickenbacher Gemeindevertretung einziehen.
Antrag der Fraktion Die Grünen zum Thema 'Anbindung des Gewerbegebiets und des Erlensees an den Ortskern Bickenbach' im März 1987
...
Flyer zur Müllvermeidung im Jahr 1987
Flyer zum AKW Biblis im Februar 1989
Weitere Initiativen:
Verkehrssicherung bei Schnee und Eis im Januar 1986
Resolution gegen die Erweiterung der SVA Biebesheim im April 1986
Antragsentwurf Querungshilfe B3, Höhe 'Im Sachsenhausen' (undatiert)
Hermann Benjes: Am Neuen Weidgraben aus: Bickenbacher Magazin - Heft 26 - November 1987
Klaus Peter Creamer: Tiefflugterror aus: Bickenbacher Magazin Heft 32 - im März 1989
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